Wieland in Oßmannstedt


Das hat es in Oßmannstedt noch nie gegeben. Volle vier Tage hintereinander – vom 02.09. bis 05.09.2022 –wurde im Wielandgut und drumherum gefeiert, gelesen, gespielt, geführt, gegessen und getrunken, besichtigt und noch Vieles mehr. Anlass war die Wiedereröffnung des Wielandmuseums im Wielandgut als krönender Abschluss der Aktivitäten der Klassikstiftung mit maßgeblicher Unterstützung durch Prof. Dr. Jan Philipp Reemtsma. Alles stand unter dem Motto „Der erste Schriftsteller Deutschlands“ Christoph Martin Wieland in Weimar und Oßmannstedt. Zahlreiche Gäste wurden im Innenhof des Gutes durch die Präsidentin der Klassik Stiftung Weimar, Frau Dr. Ulrike Lorenz und der Ortschaftsbürgermeisterin, Frau Anita Diener, begrüßt. Niemand geringeres als der Ministerpräsident des Freistaates Thüringen, Bodo Ramelow und die Kulturstaatsministerin, Frau Claudia Roth, sprachen Grußworte und folgten anschließend der Einführung von Prof. Reemtsma, in die Entwicklung des Museums, seine Gestaltung und seinen tieferen Sinn als einzigartiges Literaturmuseum. „Die Besucher kommen schlauer wieder heraus als sie hereingekommen sind“ war seine zufriedene Prognose. Die Schülerinnen und Schüler der Wielandschule hatten zuvor schon mit einem begeisterten Lieder- und Textvortrag bewiesen, dass sie gute „Wielandschüler“ sind. Das Ensemble ThüringenBarock umrahmte die Veranstaltung in, zu der man in der örtlichen TLZ und TA nichts lesen konnte. Im weiteren Verlauf des Tages wurden Führungen durch das Gutsgebäude. den Park mit dem Wielandgrab und nicht zuletzt auch durch die Peterskirche und das Pfarrhaus angeboten. Der Verfasser dieser Zeilen informierte dort über die Orts- und Kirchengeschichte, die Harrsritter, den Reichgrafen Heinrich von Bünau, dem Erbauer des heutigen Wielandgutes und über den Orgelbauer Johann Benjamin Witzmann. Im Pfarrhaus konnten die meist erstaunten Zuhörer erfahren, dass Wieland bereits vor dem Erwerb des Gutes in der Zeit von 1788 bis 1793 im Pfarrhaus in Oßmannstedt war. Zwei seiner Töchter haben hier Hochzeit gefeiert und seine ersten Enkelkinder wurden hier geboren. Sein Schwiegersohn; August Jacob Liebeskind hat als Pfarrer von Oßmannstedt eine Sammlung von morgenländischen Erzählungen und Geschichten herausgegeben, die noch heute unter dem Titel „Palmblätter“ verlegt und gelesen werden. Wieland hat auch Märchen aus dieser Sammlung verwertet und das Märchen „Lulu und die Zauberflöte“ diente nachweislich (teilweise) auch als Vorlage für die Mozartoper „Die Zauberflöte“. Noch ein weiterer Bewohner des Pfarrhauses, der „Bienenvater“ Ferdinand Gerstung erlangte überregionale Bedeutung, Als Herausgeber von Fachzeitschriften zur Imkerei, als Mitbegründer des Deutschen Imkerbundes und des Bienenmuseums in Weimar wurde er von der Universität Jena zum Dr. h.c. ernannt. Daran erinnert eine Gedenktafel am Pfarrhaus und ein Denkmal an der Straße nach Liebstedt. Seine Erfindungen wurden durch seine Söhne weiter entwickelt die einen Großbetrieb aufbauten der auch noch als volkseigener Betrieb unter der Bezeichnung „VEB Bienenzuchtgeräte Oßmannstedt“ vielen Menschen hier ein ortsnahes Einkommen verschaffte.

 

Am 03. Sept. gingen die Feierlichkeiten in Namen der Gemeinde weiter. Unterstützt durch die Klassikstiftung, den Elternverein des Kindergartens Oßmannstedt, des Heimatvereins, des Kirmes und Trachtenvereins Oßmannstedt. des Burschenvereins Teutonia Ulrichshalben, des Freundeskreises der Modellbauer und der musikalischen Jugend aus dem Kulturgut wurde ein buntes Programm geboten. Höhepunkt war die Pflanzung der Wieland-Rose, die Prof. Jan Philipp Reemtsma besorgt hatte. In der TA Apolda wurde darüber berichtet. Wie am Vortag wurden wieder Führungen durch das Gut und den Park angeboten und als ehemaliger Dorfchronist durfte ich zu einer Reise in die Vergangenheit einladen, deren Schwerpunkt wieder in der Peterskirche und dem Pfarrhaus lag. Auch für das leibliche Wohl wurde gesorgt. Kaffee und Kuchen waren heiß begehrt und diverse Getränke und der Mutzbraten sorgten bis zum Einbruch der Dunkelheit für gute Stimmung.

 

Am 04.Sept. fand die schon traditionelle Wielandlesung mit Prof. Jan Philipp Reemtsma statt. Die Pfarrerin Christin Drexel konnte erfreulich viele Zuhörer aus nah und fern begrüßen. Der Verzicht auf ein Eintrittsgeld hatte zusätzlich noch einige „Einheimische“ angelockt. Wer wollte konnte am Ausgang Restexemplare der Festschriften, der Orgel-CD und Informationen über den Reichsgrafen Heinrich von Bünau mitnehmenden. Spenden wurden gerne gegeben. Die Lesung von Prof. Reemtsma wurde durch Prof. Martin Sturm an der Orgel begleitet, dessen gefühlvolle bis furiose Variationen die frisch gereinigte Orgel herrlich erklingen ließ. Ein stürmischer Applaus der begeisterten Zuhörer war der gerechte Lohn. Mit einem schönen Blumenstrauß, einer Witzmanorgel-CD und dem neuen (Wieland-) Buch „Ein paar Goldkörner oder Was ist Aufklärung“ wurde ihm dafür gedankt. Dieses Buch mit seinen Einleitungen und Kommentierungen kann man jedem empfehlen, der durch das Wielandjahr 2022 auf den „Ersten Schriftsteller Deutschlands“ neugierig gemacht worden ist. Herr Prof. Reemtsma hat sich selbst das größte Geschenk bereitet, in dem er die zahlreichen Veranstaltungen und Aktivitäten aus Anlass der Berufung von Wieland an den Hof in Weimar vor 250 Jahren, erfolgreich initiiert und mitgestaltet hat. Wir freuen uns mit ihm darüber; wir freuen uns, dass er sich in Oßmannstedt wohlfühlt und gerne hierher kommt; wir freuen uns, dass wir ihn schon vor Jahren zum Ehrenbürger von Oßmannstedt ernannt haben und wir freuen uns auf weitere Veranstaltungen mit ihm. Als kleines Dankeschön durfte ich ihm - aus Familienbesitz - einen über 110 Jahre alten Druck des großen Tores zum Wielandgut überreichen und Pfarrerin Drexel dankte mit einem Blumenstrauß. Prof .Thomas Steinhöfel wies zum Abschluss nochmal auf unsere schöne Witzmannorgel und dessen Erbauer hin und wünschte allen einen guten Heimweg.

 

Wie jedes Jahr am 05 Sept., dem Geburtstag von Christoph Martin Wieland, legte der Freundeskreis des Goethenationalmuseum ein Blumengebinde am Wielandgrab nieder. Im Gartensaal des Wielandgutes fand danach eine dramatische Lesung mit Frau Maria-Elisabeth Wey und Herrn Jörg Wisbach aus Oberons Album „Auf zum Ritt ins alte romantische Land“ statt, an der auch Prof Reemtsma als Ehrengast teilnahm. Im Rahmen einer geschlossenen Veranstaltung nahmen die Gäste dann an den, rund um den Teich aufgestellten Tischen und Stühlen Platz und ließen es sich gut schmecken.

 

Alle Veranstaltungen fanden bei herrlichem Wetter stand. Dabei hat sich die Bestuhlung rund um den Teich sehr bewährt und es wurde allgemein bedauert, dass diese nun wieder abgebaut wird.

 

Johannes Cämmerer 06.09.22